Das Risiko „Berufsunfähigkeit“ ist seit einer Rentenreform im Jahr 2001 nicht mehr durch den staatlichen Schutz versichert. Seitdem erbringt die Rentenkasse nur noch Leistungen bei Erwerbsminderung. Bedingungen für eine Erwerbsminderungsrente aber sind äußerst rigoros:
- Volle Erwerbsminderung nach dem 6. Sozialgesetzbuch liegt demnach erst dann vor, wenn Betroffene wegen Krankheit oder Behinderung weniger als drei Stunden täglich arbeiten können — egal in welcher Tätigkeit. Demnach sind Menschen, die als erwerbsgemindert gelten, in ihrer Lebensweise schon auf das Äußerste eingeschränkt.
- Zwar gibt es auch eine Rente bei teilweiser Erwerbsminderung. Doch auch hier sind medizinische Voraussetzungen streng: Die Rente erhält nur, wer wegen Krankheit oder Behinderung weniger als sechs Stunden täglich arbeiten kann — egal in welcher Tätigkeit.
Nun veröffentlichte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales neue Zahlen für die Rentenbestände in der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese Zahlen zeigen unter anderem, wie hoch die durchschnittlichen Erwerbsminderungsrenten in Ost- und Westdeutschland sind. Die Rentenhöhe unterscheidet sich durch verschiedene Leistungsvorgaben für die allgemeine und die knappschaftliche Rentenversicherung. Im Folgenden sind jedoch nur die Zahlen für Erwerbsminderungsrenten der allgemeinen Rentenversicherung angegeben.
Renten wegen voller Erwerbsminderung: Das erhalten Betroffene
- Männer in Ostdeutschland erhalten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von durchschnittlich 795,36 Euro monatlich. Frauen in Ostdeutschland erhalten durchschnittlich 943,28 Euro monatlich. Bedingung für diese Rente ist eine Mindestversicherungszeit von fünf Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung.
- Männer in Westdeutschland erhalten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von monatlich durchschnittlich 838,08 Euro. Frauen in Westdeutschland erhalten durchschnittlich etwas weniger: 830,14 Euro monatlich. Bedingung für diese Renten ist eine Mindestversicherungszeit von fünf Jahren.
Es gibt auch Renten, die gezahlt werden an Menschen, die bei Eintritt der Erwerbsminderung noch nicht die Mindestversicherungszeit erfüllten – zum Beispiel, weil sie vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit schon voll erwerbsgemindert waren. Dann aber gilt bis zum Erhalt der Rente eine lange Wartezeit von 20 Jahren (gemäß Paragraph 43 des Sechsten Sozialgesetzbuchs). Für diese Menschen werden folgende Renten gezahlt:
- Männer in Ostdeutschland erhalten durchschnittlich 932,56 Euro monatlich bei voller Erwerbsminderung, weil sie vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit bereits voll erwerbsgemindert waren und 20 Jahre Wartezeit vorweisen konnten. Frauen erhalten unter dieser Maßgabe eine durchschnittliche Rente von 941,26 Euro monatlich.
- Männer in Westdeutschland erhalten hier 797,08 Euro monatliche Rente, weil sie vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit bereits voll erwerbsgemindert waren und 20 Jahre Wartezeit vorweisen konnten. Frauen in Westdeutschland erhalten unter dieser Maßgabe durchschnittlich 789,64 Euro monatliche Rente.
Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung: Starke Beeinträchtigung, wenig Geld
Geringer fallen die Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung aus. Bedacht werden sollte: Teilweise erwerbsgemindert sind Personen, sobald sie wegen Krankheit oder Behinderung außerstande sind, unter üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten – egal in welcher Arbeit. Die Krankheit oder Behinderung muss also schon zu einer sehr starken Beeinträchtigung des Lebens geführt haben, bevor man überhaupt eine Erwerbsminderungsrente wegen teilweiser Erwerbsminderung erhält.
- In Ostdeutschland erhalten Männer dann eine Rente in Höhe von durchschnittlich 489,20 Euro im Monat wegen teilweiser Erwerbsminderung. Frauen erhalten in Ostdeutschland durchschnittlich 565,16 Euro im Monat.
- In Westdeutschland erhalten Männer wegen teilweiser Erwerbsminderung eine Rente in Höhe von durchschnittlich 534,27 Euro im Monat. Frauen erhalten in Westdeutschland durchschnittlich nur 492,18 Euro Rente.
Berufsunfähigkeit: Warum sich privater BU-Schutz lohnt
Eine volle Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung liegt stets erst dann vor, wenn die Person nicht mehr in der Lage ist, für mindestens drei Stunden täglich irgendeinem Beruf nachzugehen. Und eine teilweise Erwerbsminderung liegt erst dann vor, wenn Betroffene nicht mehr in der Lage sind, für mindestens sechs Stunden irgendeinem Beruf nachzugehen. Hierfür ist nicht einmal relevant, welchen Beruf die oder der Betroffene ausübte – jeder Beruf wird durch den Gesetzgeber zugemutet. Damit droht Betroffenen sogar, dass sie unliebsame Jobs annehmen müssen, ohne eine Rente zu erhalten.
Ein Chirurg, der durch eine medizinische Beeinträchtigung als Pförtner arbeiten oder geringe Arbeiten wie das Sortieren von Schrauben ausüben muss? Aus Sicht des Sechsten Sozialgesetzbuchs ist dies durchaus eine zumutbare Vorstellung. Denn sobald dies für mindestens drei Stunden möglich ist, gibt es höchstens eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Und ist dies gar für sechs Stunden möglich, gibt es durch die gesetzliche Rentenversicherung gar keine Leistungen mehr.
Hingegen orientiert sich die Berufsunfähigkeit für den privaten BU-Schutz an dem bisher ausgeübten Beruf. Auch tritt Berufsunfähigkeit in der Regel schon ab 50 Prozent Beeinträchtigung ein, die ein weiteres Ausüben des bisherigen Berufs unmöglich macht – und damit wesentlich eher als Erwerbsminderung. Weil demnach auch berufsunfähig sein kann, wer noch keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente hat, ist die Überprüfung des privaten Versicherungsschutzes dringend geboten.