Seit dem 1. Juli 2022 gelten neue Pfändungsfreigrenzen für Nettoeinkommen. Die Verbraucherzentrale Hamburg rät, sich zu erkundigen, ob Arbeitgeber, Sozialleistungsträger und Banken auch tatsächlich die neuen Werte anwenden. Zu viel gezahlte Beträge können zurückerlangt werden.
Seit dem 1. Juli 2022 gelten neue Pfändungsfreigrenzen für das Nettoeinkommen. Hierfür hat die Bundesregierung die Beträge der sogenannten Pfändungstabelle erhöht, die sich an den Lebenshaltungskosten orientiert. Demnach stieg der unpfändbare Grundbetrag von 1.259,99 Euro auf 1.339,99 Euro. Das ist das monatliche Einkommen, das vor Pfändungen geschützt ist, um Menschen mit Schulden ein Existenzminimum zu garantieren.
Für unterhaltspflichtige Personen gelten höhere Freibeträge. Und auch hier gelten neue Freibeträge. Für die erste unterhaltsberechtigte Person erhöht sich der unpfändbare Betrag von 1.729,99 Euro auf nun 1.839,99 Euro: Die Betroffenen dürfen folglich 110 Euro im Monat mehr behalten. Für jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind treten noch einmal 278,90 Euro hinzu. Die neuen Pfändungsfreigrenzen wurden im Bundesgesetzblatt vom 31.05.2022 veröffentlicht. Die Werte werden jährlich angepasst.
Ebenfalls raufgesetzt wurde der Grundfreibetrag, der maximal auf dem Pfändungsschutzkonto behalten werden darf: er stieg von von 1.260 Euro auf 1.340 Euro je Kalendermonat. Dieser Betrag ist ebenfalls vor Pfändungen und Verrechnungen geschützt. Hierfür ist es notwendig, das Girokonto in ein sogenanntes P-Konto umzuwandeln. Wegen der hohen Kosten und eingeschränkten Leistungen solcher Kontomodelle sollte das aber nur geschehen, wenn tatsächlich eine Pfändung kurz bevor steht oder angekündigt wurde. Die Umwandlung in ein P-Konto geht auch vier Wochen rückwirkend, nachdem eine Pfändung zugestellt wurde. Sie muss aber aktiv bei der Bank beantragt werden.
Prüfen, ob neue Freibeträge angewendet werden
Die Verbraucherzentrale Hamburg rät Menschen, die von Pfändungsfreigrenzen und Grundfreibeträgen Gebrauch machen, dazu zu prüfen, ob die aktuelle Pfändungstabelle tatsächlich angewendet wird. Das empfehle sich speziell bei länger laufenden Pfändungen und Abtretungen beim Arbeitgeber oder Sozialleistungsträger. Bei fehlerhaften Auszahlungen an Gläubiger nach der alten Tabelle können Betroffene die Nachzahlung der zu viel gezahlten Beträge verlangen. denn es bestehe eine Pflicht für Arbeitgeber, Sozialleistungsträger und auch Banken, die neuen Freigrenzen anzuwenden.
Anders sehe dies hingegen bei individuellen Freibeträgen aus, die per Gericht oder Vollstreckungsstelle öffentlicher Gläubiger festgesetzt werden. Das kann bei zusätzlichen unpfändbaren Lohnanteilen der Fall sein: etwa bei Erhalt von Fahrgeld. Hier müssten sich die Schuldnerinnen und Schuldner selbst kümmern, dass die Freibeträge angepasst werden. Ansprechpartner sei das zuständige Amtsgericht.