Viele Menschen kennen das: ein hoher Überziehungs- oder Dispositionskredit (kurz „Dispo“) ist ein treuer Begleiter der eigenen Monatsplanung. Irgendwann brauchte man halt einfach mehr Geld – sei es für den eigenen Familienurlaub, für Feste wie Weihnachten oder für eine größere Anschaffung. Und seitdem sind sowohl die Überziehung des Kontostands als auch dafür fällige Zinsen ein fester Bestandteil der eigenen Monatsplanung. Zwar schmerzen die monatlichen hohen Kosten für die Kontoüberziehung, aber bis zum nächsten Weihnachtsgeld ist ja alles wieder gut. So beißt man halt lieber in den sauren Zins-Apfel – denn für solche vorübergehend prekären Situationen ist der Dispositionskredit ja da!

Der „Dispo“ ist keine „sichere Sache“

Was viele aber nicht wissen: So sicher, wie viele ihren Dispositionskredit für die monatliche Haushaltsplanung meinen, ist er gar nicht. Denn zwar gilt als Faustregel vieler Banken: Orientierung für den Kreditrahmen ist das dreifache Nettogehalt. Und dennoch – obwohl sich am Nettogehalt seit Jahren nichts geändert hat und obwohl auch die Orientierungssumme keineswegs ausgeschöpft wurde – flattert plötzlich ein Schreiben der Bank mit Kündigung des Kredits oder mit deutlicher Verengung des Kreditrahmens ins Haus. Gerade in der jetzigen Zeit mit erheblich gestiegenen Energie- und Miet-Nebenkosten sowie gestiegener Preise kann so eine Korrektur des Dispositionskredits zur privaten Katastrophe werden.

Banken gehen auf Nummer sicher – und lagern Risiken aus

Denn plötzlich müssen nicht nur laufende Kosten geschultert werden. Innerhalb kürzester Zeit – oft im Zeitrahmen innerhalb von zwei Monaten – muss auch noch das Geld zum Ausgleich des Dispositionskredits aufgetrieben werden. Das fällt vielen Haushalten nicht leicht – wäre es anders, hätte man den Kreditrahmen ja gar nicht ausgeschöpft. In der jetzigen Zeiten sind solche Kündigungen oder Korrekturen aber besonders wahrscheinlich.

Wissen doch auch die Geldhäuser in einer Zeit von Inflation und russischem Angriffskrieg in der Ukraine um die gestiegenen Geldnöte ihrer Kunden – und lagern deswegen Risiken gern auf ihre Kunden aus. Die Annahme dahinter: Wer aktuell mit Nettoeinkommen und Dispositionskredit gerade so über die Runden kommt, wird es zukünftig durch gestiegene Preise nicht mehr schaffen. Da ist es besser, schnell das Geld zurückzuholen, bevor es zur Katastrophe kommt – recht viele Geldhäuser zeigen leider in solchen Situationen keineswegs die Haltung eines Samariters.

Meist sind die Banken rechtlich abgesichert

Und die schlechte Nachricht ist: Banken haben zu einer solchen auch grundlosen Kündigung des Dispositionskredits durchaus ihr gutes Recht. Denn Bedingungen der Kreditgewährung sind in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Geldhäuser festgeschrieben. Und diese AGB beinhalten meist juristisch „sattelfeste“ Klauseln, die eine solche Kündigung mit einer Rückzahlung innerhalb von zwei Monaten auch ohne triftigen Grund (wie z.B. eine Verschlechterung des Nettogehalts) ermöglichen.

Auch eine Bank kann nicht in Willkür walten

Wer also von einer Einschränkung oder Kündigung seines Dispositionskredits betroffen ist, sollte sich zunächst an seine Bank wenden und um die Vereinbarung eines Rückzahlungsplans bitten. Hier aber kann es sein, dass die Bank dazu auch rechtlich verpflichtet ist. Besteht doch auch für die Kündigung des Dispositionskredits keineswegs das Recht auf Willkür.

Stattdessen haben Banken die Pflicht, eine „angemessene“ Rückzahlungspflicht im Sinne des Kunden zu gewähren. Und hierbei muss die Bank auf die individuellen Interesse des Kunden Rücksicht nehmen. Die Pflicht ist häufig auch in die AGB-Klauseln eingegangen. Geht es um eine Gewähr einer längeren Rückzahlungspflicht als innerhalb der üblichen zwei Monate, muss die Bank also dem Kunden entgegen kommen, wenn ein triftiger Grund hierfür vorliegt.

Aus diesem Grund sollten betroffene Verbraucher sich auch so schnell wie möglich mit einem Schreiben an ihre Bank wenden, sobald die Kunden von einer Kündigung oder Korrektur ihres Dispositionskredits betroffen sind und zeitgleich die zurückgeforderte Kreditsumme nicht innerhalb von zwei Monaten aufbringen können. In diesem Schreiben sollten die Gründe ausführlich dargelegt werden, die für die Gewährung einer längeren Rückzahlungspflicht im Kundeninteresse sprechen. Problematisch ist, dass es häufig einen weiten Auslegungsspielraum für diese individuellen Gründe gibt.

Manchmal hilft nur der Gang zum Anwalt

Die gute Nachricht: Weil die Banken von den Nöten ihrer Kunden wissen und ebenfalls um ihre Pflichten wissen, bieten sie in der Regel auch eine verlängerte Rückzahlungsmöglichkeit an. Jedoch gibt es auch immer wieder Fälle, in denen sich Banken stur stellen und so tatsächlich ihre Kunden in Not bringen. Dann hilft zunächst eventuell ein Ombudsmann oder ein Schlichtungsstelle der entsprechenden Bank oder Sparkasse – hierhin sollten sich Kunden stets wenden, wenn erste Versuche einer Bitte um eine längere Rückzahlungspflicht fehl schlugen.

Es sind aber auch Fälle bekannt, in denen selbst der Ombudsmann oder die Schlichtungsstelle nicht erfolgreich waren. Und hier sollte man sich schnell professionelle Hilfe suchen – und den Rat eines Anwalts hinzuziehen. Denn zwar kann die Bank den Dispo jederzeit kündigen. Das Kundeninteresse bei der Rückzahlungsfrist aber hierbei übergehen – das darf die Bank nicht.