Eine Studie beklagt erneut das fehlende Finanzwissen der Deutschen. Die Details verraten aber ein differenzierteres Bild. Immer mehr Deutsche vertrauen demnach auf Aktien und Fonds.
Wie ist es um die Finanzkompetenz der Deutschen bestellt? Nicht gut, so lautet ein Ergebnis einer umfangreichen Studie, die das Analysehaus Heute und Morgen im Auftrag eines großen Versicherers erstellt hat. Bei vielen Themen mangle es demnach an Wissen – oder Fakten werden falsch eingeschätzt, so ein Ergebnis der Umfrage.
Beim Blick auf die Details zeigt sich aber ein differenzierteres Bild. So lautet eine Frage: „Mit welcher Anlage hätten Sie nach 10 Jahren im Schnitt am meisten Geld erwirtschaftet?“ Die Umfrage fand im Frühjahr statt, noch bevor die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins mehrfach angehoben hat. Zu dem Zeitpunkt befanden wir uns folglich noch in Zeiten dauerhaft niedriger Zinsen.
38 Prozent: Aktien am lukrativsten
„Nur 38 Prozent der Bundesbürger verstehen, dass sie in den letzten zehn Jahren mit Aktien deutlich mehr Geld verdient hätten als mit Sparbuch, Tagesgeld oder auch Fonds“ wird im Report berichtet. Tatsächlich hätte man mit dem -richtigen- Aktieninvestment in der Zeit den höchsten Ertrag erzielen können. Doch zu den 38 Prozent gesellen sich 32 Prozent der Stimmen hinzu, die auf Fonds als erträglichstes Investment setzten. 80 Prozent der Befragten vermuteten folglich richtig, dass mit einem Investment in Aktien und Fonds mehr Ertrag erzielt werden konnte als mit zinsbasierten Geldanlagen.
Zugrunde gelegt für die Aussagen wurden Durchschnittswerte. So bezog sich die Aussage, Aktien seien am lukrativsten gewesen, auf die Durchschnittsrendite des DAX in den vergangenen zehn Jahren. Für die Fonds wurde die Durchschnitts-Rendite europäischer Mischfonds zugrunde gelegt. Hier kann es aber eine persönliche Erfahrung sein, dass viele Umfrage-Teilnehmer mit Fonds besser fuhren als mit Aktien. Denn welches Investment das geeignete ist, hängt unter anderem vom Vorwissen der Person ab, ihrer Risikoneigung, den geplanten Anlagezielen oder dem Zeitaufwand, den man bereit ist zu investieren. Pauschalaussagen sind folglich schwer zu treffen.
Immerhin: Dass ein Sparbuch oder Tagesgeld die lukrativsten Anlagen seien, glaubten zusammengerechnet nur 10 Prozent der Befragten. Diese bedeuteten in Zeiten von Nullzinsen einen einen deutlichen Wertverlust. Andere Anlageformen wurden nicht abgefragt.
Weitere Ergebnisse: Immerhin jeder Fünfte (20 Prozent) konnte keine Aussage treffen, welche Anlage am meisten Geld erwirtschaftet hätte. Und auch bei anderen Themen mangelt es am Wissen. 54 Prozent konnten nicht benennen, wie hoch der aktuelle Leitzins der EZB ist – obwohl dieser zum Beispiel auch die Kosten für Kredite und die Entwicklung einer Geldanlage beeinflussen kann. Auch beim Wissen um die gesetzliche Rente haben die Deutschen Defizite. Bei der Einschätzung der erwartbaren Höhe ihrer persönlichen Rente zeigen sich viele Bundesbürger unwissend oder unsicher: Das trifft auf immerhin 64 Prozent aller Nicht-Rentner zu. Das erschwert es, den eigenen Ruhestand angemessen zu planen – und kann bei einer großen Vorsorgelücke zum bösen Erwachen führen.
Marktumfeld ändert sich
Im Kampf gegen die Inflation hat die EZB den Leitzins erneut angehoben: um 0,75 Prozentpunkte, was ein neuer Rekordwert ist. Es war die zweite Anhebung innerhalb weniger Wochen, der Leitzins liegt nun bei 1,25 Prozent. Finanzexperten erwarten deshalb, dass die Zeiten dauerhaft niedriger Zinsen vorerst beendet sind. Das hat auch Einfluss auf die Geldanlage. Wer sich informiert und mit wichtigen Sachverhalten der Geldanlage vertraut macht, der kann auch angemessen auf Änderungen reagieren und seine Vorsorge anpassen. Hier sollte man sich nicht scheuen, auch den Rat von Experten zu suchen und sich aufklären zu lassen.