Müssen Autofahrer das Warnblinklicht anschalten, wenn sie an einem Stauende stehen? Mit dieser Frage hatte sich das Amtsgericht Hoyerswerda zu befassen (Urteil vom 8. Juli 2021, Az: 1 C 93/21).
Im verhandelten Rechtsstreit hatte ein Fahrzeughalter geklagt, dessen Frau mit dem PKW auf ein Stauende aufgefahren war. Die Begründung: Der Vorausfahrende habe trotz Stau nicht die Warnblinkanlage angeschaltet. Zudem habe sich der Stau hinter einer schwer einsehbaren Rechtskurve befunden. Deshalb habe das Unfallopfer die Warnblinkanlage anmachen müssen: Dann hätte seine Frau das Stauende auch nicht übersehen. Der Kläger wollte von der Kfz-Haftpflicht des Unfallopfers den eigenen Schaden ersetzt haben.
Doch damit hatte er keinen Erfolg: Das Amtsgericht Hoyerswerda wies die Klage ab. Ob der Vorausfahrende sein Warnblinklicht angeschaltet hatte oder nicht, könne zwar nicht mehr beurteilt werden. Aber das spiele für die Frage, wer den Unfall verursacht habe, auch keine Rolle. Demnach habe seine Ehefrau gegen das Sichtfahrverbot laut Straßenverkehrsordnung verstoßen. Dies besagt, dass ein Fahrzeug nur so schnell gefahren werden dürfe, dass es innerhalb der übersehbaren Strecke jederzeit rechtzeitig angehalten werden kann. So sei die Frau für die Sichtverhältnisse schlicht zu schnell gewesen.
Auch spreche bei einem Auffahrunfall der Beweis des ersten Anscheins gegen den Auffahrenden. Zwar dürften Fahrzeugführer nicht hinter einer Kurve einfach ohne Grund anhalten – doch das gelte nicht in einem Stau, mit dem jederzeit zu rechnen sei. Das Unfallopfer war darüber hinaus nicht verpflichtet, die Warnblinklichtanlage anzuschalten, hob das Gericht weiter hervor. Diese Pflicht gelte, um eine Unfallstelle zu sichern – doch wer im Stau stehe, sei noch kein Unfallbeteiligter, solange sich kein Unfall ereignet hat.
Die Auffahrende war folglich laut Gericht alleinige Unfallverursacherin. Im Stau besteht keine Pflicht, das Warnblinklicht zu nutzen. Dennoch empfehlen viele Automobilclubs und Verkehrsexperten, das Warnlicht anzuschalten, wenn man auf ein Stauende auffährt. So werden nachfolgende Fahrerinnen und Fahrer gewarnt. Es ist eine Kann-Option, kein Muss.
Um gegen unberechtigte Forderungen wie im vorliegenden Fall gewappnet zu sein, empfiehlt sich der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung mit Verkehrsrecht-Baustein.